Warum ein Katalog für den Versandhandel unverzichtbar ist - und bleibt
Obwohl der Versandhändler Otto 2018 medienwirksam ankündigte, künftig ohne Hauptkatalog im Markt zu agieren, sind stetige Printanstöße – wie Spezialkataloge, Mailings etc. – nach wie vor relevant: Als Push-Medium für den Onlineshop und als Bestandteil der Customer Journey. Bei Otto heißt es, dies sei die „konsequente Fortsetzung des digitalen Wandels“. Seit den 50er Jahren war der große Hauptkatalog das zentrale Element bei Otto, Quelle und Neckermann – Millionen Frauen kauften dort die Ware der aktuellen Saison und statteten mit dem Sortiment ihre Ehemänner und Kinder aus oder richteten ihre Wohnungen und Häuser mit Möbeln und Wohnutensilien aus dem Katalog ein. Der Strategie-Shift vollzog sich schleichend: Immer mehr Kunden bestellten im Netz, immer weniger Bestellungen konnten direkt dem Hauptkatalog zugewiesen werden. Zuletzt sank die Auflage des Hauptkatalogs bei Otto (von ursprünglich rund zehn) auf vier Millionen Exemplare.
Die Welt der Kommunikation heute.
Der Punkt ist – und da geht es Otto, Klingel und Co. allen gleich – dass die Bestell- und Kommunikationskanäle einerseits, die Zahl der Wettbewerber andererseits stark zugenommen haben, insbesondere digital. Das Geschäft wird immer komplexer und immer stärker durch Daten getrieben. Und trotz alledem: Kataloge sind dabei nach wie vor wichtige integrale Bestandteile der Customer Journey. Diese muss sowohl über Online- als auch Print-Kanäle entwickelt werden. Denn jeder einzelne Baustein innerhalb der Customer Journey liefert Informationen und Daten, mithilfe derer die Ansprache laufend optimiert und verbessert werden kann. Erst dadurch werden Maßnahmen ausreichend granular und können so passgenauer für den jeweiligen Zielkunden individualisiert aufgesetzt werden.
Kataloge in der Customer Journey.
Attributionsmodelle (das Prinzip der Zuordnung von Conversion oder erzieltem Umsatz auf spezielle Touchpoints innerhalb der Customer Journey, um eine effektive Auswertung der Kanäle vornehmen zu können wie z.B. Last-Click-Wins oder First-Click-Wins) müssen die Offline- und die Online-Welt verbinden, um Potenziale (z.B. teure Display-Kontakte oder auch Printanstöße) und Sättigungen (Kanal der per Last Click gerechnet wird) von Marketingkanälen zu identifizieren. Die Überprüfung und Abstimmung ist ein permanenter Prozess. Die Steuerung der Kanäle und ihrer Inhalte wird dabei mehr und mehr individualisiert, um möglichst effizient und effektiv zu agieren. Dabei gilt es über Scoring und Datenmodelle herauszufinden, wer wann wieviele Anstöße, z.B. über Print benötigt, um ggf. auch online zu bestellen. Dabei können Printanstöße wie Kataloge oder Mailings innerhalb der Customer Journey unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen.
So gibt es Kataloge, die stärker emotional und markenbildend wirken und die sich in der Customer Journey eher am Anfang der Kette befinden (Attention). Zudem Kataloge, mit umfangreichem Sortiment zur Inspiration oder solche, die eine hohe Push-Funktion auf Online haben. Und es gibt Kataloge, die stärker auf den direkten Abverkauf abzielen oder solche mit Spezialthemen, die einen individuellen Anstoß einer spezifischen Zielgruppe leisten sollen. Kataloge kommen daher nach wie vor über die gesamte Customer Journey zum Einsatz: von der Markenbildung, über Inspiration bis hin zur Förderung des direkten Abverkaufs.
Das Orchester benötigt einen Dirigenten.
Durch die erhöhte Komplexität der Customer Journey gibt es keine neuen, allgemein gültigen oder besonderen Maßstäbe für den Einsatz und die Gestaltung von Katalogen – die bekannten Regeln der Kommunikationslehre (mit welchem Content spreche ich welche Persona mit welcher Zielsetzung über welche Touchpoints an) haben nach wie vor Bestand. Und dies wohl stärker als je zuvor.
Was sich durch die erhöhte Komplexität der Kanäle und der Customer Journey sehr wohl geändert hat: das Handling zwischen den Online- und Print-Kanälen, die Bewertung und Zurechnung von Erfolgen sowie der Bedarf nach anspruchsvollen technischen Voraussetzungen, sei es zur Datenanalyse und -Bewertung sowie zur Produktion der individualisierten Print-Anstöße und in der Steuerung durch CRM Systeme. Und hier gilt es alle Bausteine sehr sorgfältig aufeinander abzustimmen und zu orchestrieren, um deren Potenzial vollständig nutzen zu können.