Mit Guerilla zu den Bewerbern
Talentsuche heute
Früher waren flache Hierarchien, ein lockeres Verhältnis mit dem Chef und ein kreatives Arbeitsumfeld das, womit Agenturen punkten konnten – inzwischen locken sie mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Homeoffice, Sabbaticals und hauseigenen Kindergärten. Und trotzdem hat die gesamte Branche ein Recruiting-Problem. Insbesondere erfahrene Leute sind schwer zu bekommen. Das trifft Mittelständler besonders hart. 30- bis 50-Mann-Agenturen können Bewerbern durchaus viele der oben genannten USPs bieten, Spitzengehälter wie bei den „Großen“ sind aber leider nicht drin. Und abseits der Werbemetropole, in der Provinz, ist die Konkurrenz bei der Talentsuche noch größer. Keine ideale Ausgangslage in Zeiten der digitalen Transformation im Wettstreit um Berater, Konzeptioner, UX-Designer, diversen Online-Spezialisten und Kreativ-Direktoren.
Aber wie kommt man an die begehrten Wunschkandidaten ran? Allein über Stellenanzeigen wohl kaum. Beim Recruiting muss man also einfallsreicher, innovativer oder auch witziger sein, um als Arbeitgeber auf sich aufmerksam zu machen. Mit Guerilla-Recruiting! Selbst jene Kandidaten, die sich bereits anderwärtig verpflichtet haben, können mit einer richtig guten Aktion für die eigene Agentur gewonnen werden. Hier drei Beispiele, die zeigen, wie man mit innovativen Personalmarketing-Strategien überzeugen kann:
Ausgefallene Aktionen
Pop-up-Store: Recruiting direkt vor der Nase der Konkurrenz
Eine ausgefallene Aktion hat sich beispielsweise die Agentur Zum golden Hirschen in Berlin ausgedacht. Umgeben von Kreativschmieden wie Antoni, BBDO, Dieckertschmidt, DDB und Aimaq von Lobenstein haben die Hirschen zum 20. Bestehen mit einem Pop-up-Store in Berlin-Mitte viel Eindruck gemacht. Aufmerksamkeitsstark inszeniert mit goldener Türschwelle und einem goldenen Produktsortiment, lockte der Shop viele neugierige Passanten, Touristen und Kreative anderer Agenturen an. Und ganz nebenbei durfte hier jeder auch seine Bewerbung abgeben und erste Connections schließen. Die Idee zu dem Pop-up-Store in Mitte entstand im Meeting. Damit ist es den Berlinern gelungen, den Spaß, den die Mitarbeitenden bei der Arbeit haben, und die Identifikation mit der Agentur authentisch nach außen zu tragen.
„Die Schweinebauchs“: Recruiting mit Fake-Agentur
Auch unsere eigene Aktion hat für Gesprächsstoff gesorgt: Zum 1. April letzten Jahres schickten wir die neue Werbeagentur, „Die Schweinebauchs“ in München, mit einem schlanken Agenturkonzept und guten Vorsätzen an den Start. Man wolle ehrliche Reklame mit standardisierten Werbemitteln machen, mit absoluter Transparenz, ohne den branchentypischen Wasserkopf – so war es in der Fachpresse zu lesen. Darüber hinaus sorgten Food Trucks vor Standorten großer Netzwerkagenturen in München, Nürnberg/Erlangen sowie Frankfurt für viel Aufmerksamkeit. Plakate warben mit dem Motiv „GRATIS – Ehrliches Essen für ehrliche Werber“. Dazu gab es als Give-aways Visitenkarten und ein Info-Poster mit typischen Störern und einem Teaser zur frisch gelaunchten Schweinebauch-Website. Denn dort war eine ganze Latte an vielversprechenden Jobs ausgeschrieben. Bei Klick auf den Job wurde der Interessent direkt auf eine passende Stelle auf der Website von Bloom umgeleitet. Die Idee zur Fake-Agentur und die damit verbundene Karikatur der Branche war ein voller Erfolg, denn einige Positionen konnten wir tatsächlich besetzen – und zwar mit Kandidaten, die sonst nie auf uns aufmerksam geworden wären.
Recruiting via Snapchat mit Darth Vader und Yoda
Selbst große internationale Agenturen wie McCann gehen völlig neue Wege, um an die passenden Leute zu kommen. Mit der Snapchat Recruiting Week Ende Oktober 2016 hat McCann Deutschland ein echtes Experiment gewagt. Während der Bewerberwoche sollten Young Professionals ermutigt werden, sich via Snapchat zu bewerben. Entwickelt wurden die drei eingesetzten Motive mit den Star-Wars-Helden Darth Vader und Yoda „Snap Dich zum Erfolg!“, „Arsch in der Hose?“ und „Zur Karriere Dich snappen Du musst!“ von Berufsanfängern aus der McCann Worldgroup – klar, wer weiß besser, wie die junge Zielgruppe tickt. Die Aktion wurde 14 Tage vor dem Start an Hochschulen, Fachhochschulen und Universitäten mit Plakaten sowie über Social Media angeteasert und während der Woche auf Snapchat und YouTube mit Videos aus dem Agenturalltag begleitet. So hat McCann den Kanal auch als Multiplikator genutzt, um den Interessenten einen Blick hinter die Kulissen zu bieten. Laut Agentur hat es sich gelohnt, mal etwas anderes zu probieren: Insgesamt gingen 500 Snaps ein, darunter 50 klassifizierte Bewerbungen. Aktuell läuft die Auswertung.
Fazit: Agenturen müssen einfallsreicher werden
Diese drei Beispiele belegen: Agenturen müssen einfallsreicher werden. Denn mit kreativen Personalmarketing-Strategien kommt man schneller an die Bewerber. Den drei genannten Agenturen ist es gelungen, Neugierde für ihre offenen Stellen zu wecken. Gleichzeitig haben sie die Möglichkeit genutzt, sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. Sei es über persönliche Gespräche oder über inspirierende Videos. Dabei waren alle Aktionen so stark, dass auch die Internet-Comunity darüber sprach und somit auch nach dem Aktionszeitraum weitere Bewerber angelockt wurden.